Durch die Erft getrennt aber eng verbunden

Anlässlich der Helpensteiner Kirmes trifft man viele Holzheimer im verträumten, doch recht beschaulichen Dörfchen an der Erft. Aber auch in Holzheim sieht man viele Helpensteiner, wenn dort Schützenfest oder Karneval gefeiert wird. Man fragt sich, wie das kommt, da räumliche Nähe auch zu anderen Dörfern besteht, ohne dass jedoch so ein reger Austausch mit gegenseitigem Besuch stattfindet. Um eine mögliche Erklärung zu fi nden, muss man weit in die Historie zurückgehen – ins Mittelalter. Bevor es die Amtskirche gab, wie wir sie heute kennen, errichteten wohlhabende Grundeigentümer auf ihrem Grund und Boden kleine Kirchen für ihre Zwecke. Sie waren für den Unterhalt der Gebäude verantwortlich, konnten Priester einstellen und erhielten dafür den Kirchenzehnten von der Gemeinde. Im 12. Jahrhundert waren die Herren von Helpenstein zu zwei Dritteln Eigentümer des Patronates – also der Kirche – von Holzheim. Darüber hinaus hatten sie weiteren umfangreichen Grundbesitz sowie Einkünfte aus Rechten und durften das Gerichtsrecht ausüben. Zu dieser Zeit hieß die Erft noch Arfe, vormals Arnapa, Arnefe oder Arlefe, und es ist bekannt, dass sie in der Auenlandschaft sehr häufi g ihr Flussbett wechselte. Es ist sogar möglich, dass Helpenstein und Holzheim zeitweise auf der gleichen Erftseite gelegen haben, bevor eine weitere Flussbettverlagerung die beiden Orte wieder trennte.

Albert Rückriem, ehemals Lehrer und Heimatforscher in Helpenstein, schreibt in einer Ausführung zur Geschichte Helpensteins, dass die Bewohner des Ortes immer ein gutes Verhältnis mit ihren Grundherren, den Herren von Helpenstein, hatten. Sie waren freigestellt von Schatz und Dienstleistungen und feierten die Kirmes (= Kirchweih) mit ihm zusammen. Wenn also die Herren von Helpenstein die Kirchweih ihres Gotteshauses gefeiert haben, wird das in Holzheim gewesen sein. Gut möglich, dass am Kirmestag die Helpensteiner auf Einladung des Burgherren mit diesem nach Holzheim zur Festmesse zogen und anschließend auf der Burg in Helpenstein feierten.

Erstaunlich ist, wie lange sich die Tradition hielt: Obwohl Helpenstein immer zur Pfarre Hoisten gehörte, gingen die Helpensteiner bis 1951 (!) anlässlich der Kirmes geschlossen mit Musik voran nach Holzheim zur Kirche. Danach zog man mit Musik zurück nach Helpenstein (natürlich mit einigen Stationen in Holzheimer Gasthäusern und jede Menge Holzheimer im Schlepptau) und feierte Kirmes. Erst nach Fertigstellung der Kapelle in Helpenstein, in der die Schmerzhafte Muttegottes verehrt wird, wurde die Kirmesfestmesse dort gelesen und der jahrhunderte alte Brauch des Ganges nach Holzheim aufgegeben. Nicht aufgegeben wurden allerdings die gegenseitigen Besuche, wenn gefeiert wird. Den Grund dieser guten Beziehungen kann man durchaus in dieser uralten, jedoch heute leider nicht mehr gepflegten Tradition des Zuges zur Holzheimer Kirche suchen, was aber durchaus nachvollziehbar ist.

Übrigens gibt es in Helpenstein noch einen Kirmesbrauch, den man auch als im Mittelalter begründet sehen kann. Wenn Rückriem schreibt, dass der Burgherr seine Untertanen zur Kirmes einlud, dann wird er sie auch beköstigt haben. Als es die Herren von Helpenstein und ihre Burg ab 1378 nicht mehr gab, werden die Pächter der Ländereien und andere Grundbesitzer im Dorf diese Einladung ausgesprochen haben. Noch bis vor etwa 40 Jahren war es üblich, am Kirmesmontag mit dem ganzen Verein die Bauern des Dorfes zu besuchen, die ihrerseits mit Bier, Korn und Schinkenbroten aufwarteten. Heute kann jeder im Dorf den Verein auf ein Fass Bier einladen. So zieht, einer uralten Tradition folgend, ganz Helpenstein am Kirmesmontag durchs Dorf und feiert. Dabei wird aber auch der Ursprung des Ganzen nicht vergessen, denn ab und an geht es dann zum „Hoffbersch“, wo unter Gestrüpp und Brennnesseln die Reste der Burg Helpenstein schlummern. Dort gibt es dann immer ein Fass auf Vereinskosten, und man lässt Helpenstein und die Kirmes hochleben. Wer Lust hat, kann gerne dabei sein und einmal mitziehen. Also: Man sieht sich am 3. Wochenende im Juli, dann ist wieder Helpensteiner Kirmes. Und natürlich 14 Tage vorher zum Schützenfest in Holzheim.

Dann Prost! Weiterhin auf gute Nachbarschaft mit gegenseitigen Besuchen!

Der Artikel ist im Original im “Holzemer Blatt” vom Juni 2009 erschienen. Hier geht es zur Homepage.


Erdbeeren und Stangenbohnen     -     Sicht eines Zugezogenen

Helpenstein

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